10 Januar 2008

Ehrenmord-Alarm

1.30 Uhr nachts ist eigentlich nicht so die Standard-Zeit für längere Telefongespräche, gerade, man am nächsten Tag arbeiten muss. Aber neulich war es doch mal so weit. Ich lese vor dem Einschlafen noch meinen Stadt-Teil aus der Zeitung und stoße auf einen Artikel (s. Scan) über Hadi K. und seine Kumpels vom Interkulturellen Seniorentreff. Der in der Ankündigung endet, dass die Multi-Kulti-Senioren demnächst einen Fachvortrag über die Aleviten hören werden. Und wie das bei uns der WAZ so üblich ist, gibt es auch noch einen Info-Kasten - "Zur Sache" - dazu. Stichwort: Aleviten. Die fasten seit 4. Januar, für zwölf Tage, erfahre ich unter anderem.

Gleich mal eine SMS an meinen türkischstämmigen Freund - und Aleviten! - E. geschickt und nachgefragt, ob er denn auch fastet. Nö, kommt zurück, da sei er nicht so streng. Warum ich fragen würde? Ich erkläre ihm den Zusammenhang mit dem Zeitungsartikel - der Clubvorsitzende Hadi trägt witzigerweise auch noch den gleichen Nachnamen wie der Empfänger der nächtlichen SMS. Er SMSst zurück, das sei tatsächlich ein Teil seiner Sippe, "aber es ist wie im schlechten Film", beschreibt er die Verwandtschaft in Dortmund. Daraufhin schreibe ich zurück: "Wieso? Hat er n Ehrenmord am Hals?" Hintergrund: Zwischen E. und mir gibt es einen running gag, der darin besteht, so viele gängige Vorurteile, Klischees und Festlegungen gegenüber Ausländern bzw. bestimmten Volksgruppen auszutauschen wie möglich.

Der gag war aber wohl nicht running genug. Nur Sekunden nach dem "gesendet"-Signal der SMS klingelt mein Telefon. "Wiiiiiiie?! Onkel Hadi hat n Ehrenmord begangen?", fragt mich E., der angesichts dieser Nachricht und selbst schon im Bett liegend noch mal aufgesprungen und mich aufgescheucht angerufen hatte...

Wir haben die Gelegenheit genutzt, noch ein Dreiviertelstündchen über Ausländer im Allgemeinen, die Aleviten im Besonderen, Vorurteile, Gewalttaten und deren Aufarbeitung in den Medien sowie die Fußball-Stadtmeisterschaften in Mülheim zu sprechen. Dafür ist es nie zu spät und nie zu nächtlich.

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