12 August 2006

WAZ-blog, Teil 11: Adiós Barcelona - ein Resümee

Drei wunderbare Wochen Sprachkurs-Urlaub in Barcelona gehen heute zu Ende, wenn ich kurz vor 15.30 Uhr den Zettel mit der Buchungsnummer EBRD3DJ am Easyjet-Schalter auf dem Flughafen El Prat von Barcelona vorlege.

Gerne geh’ ich nicht, das sei meinem kleinen Resümee - das weder erschöpfend noch allumfassend und ohne jeglichen statistischen Wert ist und frei aus dem braungesonnten Bauch heraus verfasst wurde - vorweggeschickt.

Das schönste Wort, das ich im Sprachkurs hier gelernt habe, ist eindeutig tiquismiquis, ausgesprochen /’tikis’mikis/. Man verwendet es, um eine Person zu beschreiben, die sich ein wenig pingelig und wunderlich verhält, sich ein kleines bisschen anstellt, das Ganze aber durchaus irgendwie liebenswert meint. Tiquismiquis, das nehme ich sofort in meinen Wortschatz auf.

wohl unbrauchbarste Vokabeln: el tobillo, das Fußgelenk - sollte ich einen schlimmen Unfall beim Fußballspielen haben (sehr unwahrscheinlich; ich spiele kein Fußball) oder beim Berg-Montserrat-Erklimmen selten ungeschickt über eine Baumwurzel stolpern (schon ein bisschen wahrscheinlicher), werde ich dieses Wort wohl bis an mein Lebensende nicht mehr brauchen. Gelernt haben wir auch: decongelacion, Schneeschmelze. Ich werde daran denken, sollte ich demnächst Andalusien besuchen oder einen Flug auf die kanarischen Inseln buchen.

Anzahl der erlernten Vokabeln:676 - nicht so schlecht für 75 Stunden Unterricht, finde ich. Allerdings: “erlernt” ist natuerlich relativ…

schönster U-Bahn-Station-Name: Urquinaona in der Stadtmitte (weil auch nach drei Wochen nicht unfallfrei aussprechbar)

treffendste Wortneuschopfung: “El Paseo de la Muerte” - für den Metro-Verbindungs-Gang zwischen den Linien 4 und 3 am Passeig de Gracìa. Das Copyright liegt bei den Italienerinnen Tiziana und Chiara aus meinem Kurs, die diesen Gang täglich auf dem Weg zur Schule entlanglaufen mussten und jedesmal Gefahr liefen, in der stickigen, hitzigen Luft schon am frühen Morgen zu Boden zu gehen.

Fähigkeit, die man nicht genug wertschätzen kann, wie ich seit Neuestem finde: die richtige Einstellung und Justierung einer Klimaanlagen. Diese vermaledeiten Viecher ließen entweder Ganzkörper-Gänsehaut entstehen oder, wenn man sie daraufhin wieder runterregelte, es stand die warme, schlechte Luft im Raum - kein Wunder, dass viele in unserer Sprachschule mit Schals rumliefen, Halstabletten neben ihren Spanisch-Büchern liegen hatten und Stimmen hatten, die die Bezeichnung Stimme schon nicht mehr verdienten.

Farbe meines Ärgers über völlig sinn- und nutzlos mit nach Barcelona geschlörte drei Pullover, zwei langärmlige Shirts und eine Jeans-Jacke: schwarz

Lieblings-Mitschüler: Lewis aus England. Ich mag es ja, wenn Menschen zu ihren Schwächen stehen. Und Lewis stand geradezu entwaffnend offen zu seinen. Und das Beste: Wenn wir über ihn lachten, dann immer mit ihm. Lewis brachte es fertig, sich die ganze erste Woche (ehrlich gesagt bekam er es auch in der zweiten noch nicht auf die Reihe...) nicht merken zu können, was auf Spanisch heißt “Wie sagt man xy auf Spanisch?” Also wandte er sich jedesmal hilfesuchend an seine ebenfalls am Kurs teilnehmende Freundin Sarah: “How do I say ‘How do I say’?” - und der Kurs antwortete im Chor: “ Cómo se dice...!!” Im Fragen war Lewis ohnehin groß: “¿Qué significa ‘garaje’?, wollte er einmal die Bedeutung einer Vokabel in einem Text wissen. Lewis, vielleicht mal ein bisschen die Fantasie spielen lassen? Welchem englischen Wort ähnelt garaje wohl fast zum Verwechseln? Ob das was mit Autos zu tun haben könnte??
Lewis war es auch, der ("I’m always confused with the words for kitchen and for toilets!” - “Ich verwechsele immer die Wörter für Küche und Toilette!") ständig, wenn wir in einer Strandbar hockten, im falschen Raum landete, wenn er mal für kleine Jungs musste. Lewis aber war es auch, der manchmal geniale Beiträge zum Unterrichts-Spaß brachte: Als uns Lehrerin Maite neulich erklärte, dass anzünden im Spanischen encender heiße und sie in die Klasse fragte, ob jemand denn auch das Wort für die gegenteilige Aktion wisse, da war Lewis derjenige, der zuerst eine Antwort hatte: “Agua!” - “Wasser!” Wo er Recht hat, hat er Recht.

Job, den ich niemals in Barcelona machen möchte: Inventur bei der Mülleimer-Verwaltungs-Stelle. Ich habe noch nie so viele Mülleimer in einer Stadt gesehen wie hier. Allein an jeder - jeder! - Straßenkreuzung stehen acht. Dazwischen sind auch noch welche, rund um Touristen-Sammelpunkte wie Sagrada Familia, Parc Guëll oder die Plaça de Catalunya stolpert man beinahe über die Dinger, und die Wagen der BCNeta - nettes Wortspiel aus der Abkürzung für Barcelona BCN und neta, der katalanischen Vokabel für ‘sauber’, sowie dem Namen des dem Meer zugewandten Stadtteils Barceloneta - sind aus dem Straßenbild nicht wegzudenken. Auch am Strand muss man nirgendwo mehr als 20 Schritte gehen (höchstpersönlich von mir ausgemessen und verifiziert), um seine Apfelkippe und seine leere Wasserflasche wegzuschmeißen.

Fazit: Reisen Sie nach Barcelona! Vergessen Sie die sündhaft teure Kaffeemaschine des edel-italienischen Herstellers, die Sie anzuschaffen gedachten. Sparen Sie sich das neue Auto! Essen Sie halt nur noch Brot mit Margarine, aber: Reisen Sie nach Barcelona!

Vielleicht haben Sie danach auch eine neue Lieblingsstadt. So wie ich.

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