11 August 2006

WAZ-blog, Teil 10: Més que futbol

Zu Hause bin ich für die WAZ unter anderem in der Ostvest-Sportredaktion unterwegs auf den Fußballplätzen und Tenniscourts, in Handballhallen und an Wasserballbecken von Oer-Erkenschwick, Datteln und Waltrop. Klar, dass ich hier in Barcelona auch das sagenhafte Camp Nou, das Stadion des FC Barcelona, besichtigen musste.

Schließlich buhlt das ans Stadion angeschlossene “Museu del Futbol Club Barcelona” mit dem Picasso-Museum um die meisten Besucher, verkaufen sie doch beide jedes Jahr an die eine Million Eintrittskarten. Eins kann ich mal sagen: Noch nie wurde vor den Kassen so gedrängelt wie vor dem FCB-Museum. Als hätte die Besucher ein geheimer Antrieb und Nervenkitzel erfasst, der sie ihren Vordermännern auf die Füße trampeln und rumschubsen liess. Aber was sage ich - hier geht es ja auch um nichts Geringeres als Fußball.

Bilder einer Passion

Besser gesagt um “Més que futbol”, mehr als Fußball, wie eine Foto-Ausstellung berühmter Barça-Fußballfotos im Museum überschrieben ist. Bilder einer Passion (katalanisch: ‘Imatges d’una passio’) zeigt diese Ausstellung - und wer wollte nicht mal das Trainingslager der FC-Barcelona-Mannschaft in Finnland im Jahr 1966 sehen? Oder wie Michael Schumacher im Mai 2005 Fußball spielt? Ein Foto von 1928 zeigt, was heute elektronisch-vollautomatisch geschieht: Ein Mann trägt eine handbeschriebene Kreidetafel durchs Stadion; zu lesen ist: BCN (=FC Barcelona) 1 - Real (= Real Madrid) 0. Das Museum hat aber noch mehr zu bieten. Ich bin zum Beispiel erstaunt darüber, wie wenig sich das Trikot der Barça-Boys in all den Jahren seit Clubgründung (29.11.1899) verändert hat: Die blauen und weinroten (katalanisch: blau-grana) Streifen scheint jemand schon 1920 mit Perwoll gewaschen zu haben, und auch das Design ist zeitlos (schön).
Jetzt lerne ich auch endlich mal Ladislao Kubala kennen. Ich weiß, dieser Satz bringt mir jetzt wieder vorwurfsvolle Blicke und abfällige Bemerkungen meiner fußballbewanderteren Freunde ein. “Wie, du kanntest Ladislao Kubala, den ungarischstämmigen Fußballspieler, der 1950 der bestbezahlte Mann vom FC Barcelona war, vorher nicht? Schäm dich!”, höre ich sie schon rufen.

Von der Wichtigkeit der Sportarten

Dafür kann ich am nächsten Tag in der Schule mit Fachwissen glänzen - was man so Fachwissen nennt. “Did you know there is a game they call something like ‘Handball’?”, fragt mich allen Ernstes Mitschüler Lewis aus England, der ebenfalls das Camp Nou besucht hat. Ob ich gewusst habe, dass es so ein Spiel namens Handball gebe?! Ich erkläre ihm schnell die Basics: wie viele Spieler, wie viele Tore und wie viele Halbkreise für ein Handballspiel nötig sind. So unterschiedlich wichtig sind die Sportarten in Europa…

Wer ist eigentlich Kubala?

Tatsächlich habe ich nicht gewusst, dass der FC Barcelona auch eine taugliche Eislauf-Abteilung hat. Und ich kannte vorher Kicker-Geräte nur für die Simulation von Fußballspielen. Es gibt aber auch solche für Hand- und Basketballspiele (mit bewegbaren Bodenplatten!). Weitere kuriose und bunt zusammengestellte Objekte: Die Original-Taschenuhr des Schweizer (!) Clubgründers Hans Gamper. Und eine Auflistung aller rund 1600 Fanclubs - zwei gibt es auch in Deutschland: einen in Berlin und die “Barcelonista Knittlingen”. Ein ganzer Raum voller Trophäen, Medaillen, Auszeichnungen und Cups - für die Hardcore-Fans.

Am Ende des Museumsbesuchs geht buchstäblich kein Weg vorbei am Shop - raus geht’s nur durch die “FCBotiga”. Ein Katzenkorb mit FCB-Emblem gefällig? Lieber in Blau oder lieber in Weinrot? Oder darf es vielleicht der Barça-Kühlschrank sein? Eine Taschentücher-Hülle in Clubfarben? Badelatschen mit Ronaldinho-Anlitz? Vom üblichen Sammler-, Jäger- und Fan-Equipment (Unter- und Bettwaesche, Kulis, Lollis, Trinkgefässe) mal ganz zu schweigen…

Internationale Werte

Eine Frage bleibt offen: Der FC Barcelona stehe seit jeher für die katalonischen Werte, informiert eingangs eine Tafel über die Club-Philosophie. Was immer die sein mögen - aber diese Werte möchte ich doch gerne mal von einem Spieler wie Samuel Eto’o (Herkunft: Kamerun) oder einem Deco (aus Brasilien) persönlich erklärt haben.

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