18 April 2006

Darum ist es in der Bretagne so schön

Es sind die kleinen Feinheiten, die machen, dass man sich auch für einen Vier-Tages-Aufenthalt diese Strecke allein um die Ohren schlägt, Spritpreise ohne viel (s.u.) mit den Wimpern rumzuzucken registriert und bereitwillig immer wieder an den gares de péage Halt macht, um für den weiteren Erhalt französischer Autobahnen zu spenden.
Es ist zum Beispiel, 1050 km ohne Landkarte und Wegbeschreibung fahren zu können. Es ist, an der ersten Raststätte auf französischem Boden anzuhalten und einen Kaffee zu kaufen. Es ist, die Tickets der gares de péage in den Lüftungsschlitzen festzuklemmen. Es ist, fast eine halbe Autofahrtsstunde an der Baie du Mont Saint-Michel immer wieder den Klosterberg sehen zu können. Es ist die überschwengliche Begeisterung der Franzosen für Kreisverkehre, die sie bisweilen nur mit Hilfe einiger Mega-Legosteine auf dem freien Asphalt bauen. Es ist, stangenweise Baguette in sich reinzustopfen, als wenn's kein Morgen und keine nährstoffreichere Nahrung gäbe. Es ist auch, den niedlichsten und liebenswertesten Nachbarsjungen zwischen Camaret und Fougères, zwischen Roscoff und Plougastel neben sich wohnen zu haben, der bei der Ostereiersuche vor lauter Begeisterung vergisst, in welcher Sprache er zuerst juchzen soll. Es ist, Freunde mit Steinhaus zu haben, die kochen können, dass sich sogar Kerners Köche-Runde die Finger lecken würde - ich sag nur "schwarze Kartoffeln, roter Reis, Seeteufelsäckchen (oder -bäckchen?!), Morcheln und Tarte Tatin". Auch, weil man selbst bei 9 Grad kaltem Wasser und 7 Grad Lufttemperatur durchaus zwei Stunden auf dem Katamaran aushalten kann. Zwar kann man danach seine Füße nicht mehr spüren und braucht den halben Vormittag dazu, wieder Leben in die Glieder zu bringen, aber Spaß macht's. Und wie. Auch, weil französische Bands erst eine Weile Anlaufzeit brauchen. Und wenn sie sich nach drei Terminen endlich mal treffen, dann stellen sie fest, dass nicht alle Instrumente da sind. Und dann gehen sie eben lieber Rum trinken. Mit Kokos- und Mango-Aroma. Und einigen sich erstmal auf den Stil. Aber wir waren dabei, und wenn sie einst auf dem Cover vom Rolling Stone sind, dann sind wir die Zeugen der ersten Schritte.
Auch, weil an der salzig-feuchten Luft schon mal die Handbremse anoxidiert und man mit Hilfe eines findigen Stiefbruders und dessen autohandwerklichen Geschicks das Rad abbaut und die Handbremse losklopft und per Spray entrostet. Und nicht zuletzt, weil sich außer Coquille de l'encontre wohl kein Ferienhaus der Welt so gut dazu eignet, am Karfreitag mit Hingabe einen Sinbad-Zeichentrick-Film zu gucken und den Tag komplett zu verlungern. Weil der Gärtner Stéphane den schönsten tondeuse im Umkreis von 78 Kilometern hat. Weil Rehe durch den Garten hoppeln und Möwen in der Luft kreischen. Weil die Austern sich nicht mit Vogelgrippe anstecken können, weil sie, so die bretonischen Einheimischen, ja auch schließlich keine Lungen haben. Weil es nirgendwo so viel Spaß macht einzukaufen wie im Géant von Lannion. Weil es Spaß macht, auf dem Markt zwei Stücke "faux fillet" für knapp 9 Euro zu erstehen und unter Dauer-Kichern wegen dieses "Schnäppchens" den Händler zu verwirren. Auch, weil niemand so geheimnisvolle Crépes-Rezepte hat wie Julien. Weil die einzig passende Antwort auf die Frage: "Und, was hast du gefrühstückt?" "Brot mit Schokolade" ist.
Weil hier einfach immer sofort alles gut ist.

2 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Wir haben doch jetzt endlich Mittwoch gespielt!!!!! CD kommt nächste Woche raus. :-)
Schöne Grüsse aus der Bretagne!

Tami-U hat gesagt…

Julien!! Wie schön, hier von dir zu hören/lesen! Hey, du weißt schon, wer das erste Exemplar der CD bekommt, nicht wahr?! Bitte mit Autogrammen...! :-)
Grüß deine süßen Söhne. Und Agnes natürlich auch. Ich hab die Blume (okay, es ist mehr so ein besserer Grashalm), die Lulu mir auf unserem letzten Spaziergang gepflückt hat, noch immer in der Vase stehen. Wird langsam welk, aber sie muss natürlich in Ehren gehalten werden!