28 Juli 2006

WAZ-blog, Teil 3: Wasser marsch!

Geschafft - die erste Woche Sprachkurs ist rum. Erste Früchte werden sichtbar: Unter Aufbietung all meines sprachlichen Mutes und dem hochkonzentrierten innerlichen Sammeln und Wiederholen aller bislang erlernten Vokabeln habe ich heute Cristina, die Chefin der Residencia, in der ich während meiner drei Wochen Barcelona wohne, gebeten, mir ein anderes Zimmer zu geben. Und was soll ich sagen: Der fensterlose Verschlag ist passé, ich wohne ab jetzt in einem feinen, großen und - am wichtigsten - lichten Zimmer. Und das ganz ohne auf englische Erklärungen, Hände und Füße zurückzugreifen - nein, das ging alles schon auf Spanisch!
Derart erhellt und luftig gelaunt machte ich mich auf zu meinem heutigen Besichtigungs-Ziel, zum Montjuïc. Dieses hügelige Areal mit Museen und Skulpturen, Parks, Palastgebäuden und Gartenanlagen ist vor allem auch von einem beseelt: vom olympischen Geist. Als 1992 hier die Spiele der Spiele stattfanden, da ging ein Großteil der Wettbewerbe hier, im Südwesten der Stadt, über die sportliche Weltbühne.
Mag sein, dass damals, als Tausende von Athleten das Gelände bevölkerten und auf und ab flanierten, sich über Bestzeiten und die effektivsten Trainingsmethoden unterhielten, Leben in der Bude war. Heute aber wirken weite Teile des Anlagen rund um das Estadí Olímpic verlassen und leblos. Auf dem Anella Olímpica, dem olympischen Ring, bin ich - und das mitten am Tag - ganz allein. Ein Zustand, in den man wohl nirgends sonst in Barcelona geraten kann.

Gold wert

Na gut, dann ziehe ich eben weiter. Keine Ahnung, welcher Geist es heute Mittag war, in dessen Gegenwart ich auch eine Chlorbrille in meinen Rucksack warf, aber jetzt scheint mir diese Eingebung Gold wert.

Na ja, nicht ganz Gold, denn so gut wie Dagmar Hase, die 1992 hier über 400 m Freistil Gold holte, werde ich wohl nicht, wenn ich mich ins Schwimmer-Becken der Piscines Bernat Picornell, der olympischen Schwimmbäder, stürze. Franzi van Almsick gewann übrigens Silber über 200 und Bronze über 100 m, erinnern Sie sich? Ich mich auch nicht, aber man kann es auf einer Tafel am Eingang lesen.

Madonna, Shakira, die schwimmenden Jugendlichen und ich

Ich spaziere also frisch hinein. Doch: Nix da, hier werden heute die nationalen Schwimm-Meisterschaften der spanischen Jugendlichen ausgetragen. Aber wenigstens darf man in ein Nebenbecken springen, was ich dann auch tue.
Erfrischt und abgekühlt ziehe ich gegen Abend wieder von dannen, nachdem mir mittlerweile ein bisschen der Kopf dröhnt, weil unter anderem die Jungs vom Club de Natació Palma de Mallorca oder die Mädels von Polideportivo San Augustin Zaragoza alles gegeben haben, um ihre schwimmenden Kollegen anzufeuern. Außerdem spielen die Veranstalter jeweils nach den Wettbewerben im Wechsel Madonnas “Hung up” ein oder lassen Shakira von Hüften, die nicht lügen, singen. Gefühlte 17000 Mal habe ich das heute gehört.

Spritziges Spektakel

Ich wandere - weil ich den heutigen Tag kurzerhand zum Tag des Wassers erkoren habe - zu den Springbrunnen und Fontänen vor dem Palau Nacional.
Zu sommerabendlichen halben Stunden geht hier ein spritziges Spektakel los, das ich nur so auf dem Nach-Hause-Weg mitnehmen wollte. Jetzt aber lässt es mir den Mund vor Staunen offen stehen: Der riesige Springbrunnen bringt fortwährend neue Wasserbilder hervor - mal entstehen Fächer aus Wasser, mal steigen riesige Sprühwassernebel-Wolken empor, mal preschen fette, meterhohe Fontänen in den Abendhimmel, mal spritzt es lieblich aus den Düsen.

Nach so viel “Wasser marsch!” heißt es jetzt für mich nur noch: “Nach Hause, marsch!” Es wartet nicht nur das Abendessen auf mich (die ganze frische Luft macht hungrig!), sondern auch mein feines, neues Zimmer.

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