Ich komme nach Hause, treffe im Treppenhaus auf meinen leicht unruhigen Nachbarn T., der vor der Tür von Nachbarin D. steht.

So. Nun wollte heute Abend T. bei ihr was abgeben, klingelte, sah, wie Licht anging, hörte Frau D. mit Schlüsseln in den Schlössern hantieren. Hörte dann nichts mehr. Weil: Die etwa 70-Jährige war wohl irgendwie zu Fall gekommen, lag nun offensichtlich - so viel konnte man durch die mehrfach verrammelte Tür rauskriegen - vor der Tür und sagte immer wieder "Ich komm nicht hoch!"
T. ist Altenpfleger und solcherlei gewohnt. Ruft also routiniert die 112, erklärt lehrbuchhaft, welche Situation die Einsatzkräfte erwarten würde, und kaum drei Minuten später kommen die Jungs - wow! - mit Tatütata (Foto: WAS-Gruppe) und einem Groß-Feuerwehr-Auto in unsere Straße gefahren.

Einige knarzende Funksprüche - *schnarr, krächz* "Nee, Jungs, nichts zu machen hier hinten, alle Fenster dicht." *krächz, schnarr* - und diverse Kontaktaufnahmen - "Frau D.? Können Sie mich hören?" "Ja. Ich komm nicht hoch." "Wo ist denn der Schlüssel?" "Ich weiß nicht..." - später, die Entscheidung. Erstmal wird die ungefähr 25 x 60 cm-Scheibe in der Haustür eingeschlagen. Die arme Frau D. lag innen immer noch vor der Tür und wurde jetzt auch noch von Scherben berieselt. Zu diesem Zeitpunkt war auch noch der komplette ärztliche Dienst vom Johanniter-Unfall-Dings eingetroffen - weitere vier Menschen verstopfen unser Treppenhaus. Dazu gesellt sich dann auch noch Nachbar M., der von seinem Kopfschmerz-Wegschlaf-Nickerchen vom Aufruhr im Flur geweckt worden war.
Die Scheibe ist nun eingeschlagen, der Feuerwehrmann hat ertastet, dass dummerweise der Schlüssel nicht, wie erhofft, innen im Schloss steckt. Leider ist aus Frau D. in ihrem Zustand auch nicht rauszukriegen, wo er tatsächlich ist. Sie ist relativ gut beisammen, man kann sie durch das rausgebrochene Türfenster auf dem Boden hocken sehen, aber das mit dem Schlüssel weiß sie irgendwie nicht mehr. Die Feuerwehrmänner beraten hin und her, fachsimpeln über Sicherheitsschloss-Zylinder und wie fest die wohl mit der Türfüllung verbacken sind und wie groß der Schaden im Falle einer gewaltsamen Aufbrechung wäre. Schließlich stellt sich angesichts der doch recht fitten Frau D. auch die Frage der Verhältnismäßigkeit. Diverse Brechstangen werden in die Hand genommen und wieder zurückgeworfen, noch mal auf die alte Dame eingeredet. Die Johanniter geben auch noch ein paar kluge Tipps. Die Polizisten wollen wissen, ob nicht Verwandte der alten Dame einen Zweitschlüssel haben. Haben sie nicht.
Jetzt traue ich mich. Ich schlage vor: "Äh. Wollen Sie nicht mal versuchen, Ihren Arm durch das Fenster nach innen zu strecken, und Frau D. kann sich dann dran hochziehen? Vielleicht? Öh, wenn ich das mal so einwerfen durfte?!"
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Als ich mich mit Kehrblech und Handfeger daran mache, den Treppenhaus-Flur von den Türfensterscheiben-Scherben zu befreien, ruft sie mir sogar schon wieder schelmisch zu: "Nicht, dass ich da nachher noch Splitter aufm Teppich hab. Hihi!"
Zur Sicherheit haben sie sie zwar heute mal mit ins Krankenhaus genommen. Schön, wenn Dinge gut ausgehen.
2 Kommentare:
[Bruder sagt] GRANDIOSE Geschichte! Da müsste sich doch im Online-Angebot der Dortmunder Kollegen ein Plätzchen für finden lassen...
Wir sind begeistert! Solch aufmerksame Mitbürger braucht das Land. Und wir sind stolz auf Nichte/Großnichte/Enkelin.
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