29 März 2008

Aus der Reihe: *kicher*

"Jetzt sind die Sahnestücke weg, jetzt gibt's Sandkuchen!"

(Owe, Bruder der 36-jährigen, zu verkuppelnden Ilka, in der ARD-Show "Ich weiß, wer gut für dich ist")

26 März 2008

Fest-Noz

Die Bretonen sind ein erstaunliches Völkchen. Sie halten ihre Kultur stolz hoch, bestehen auf zweisprachige Orts- und Straßenschilder und spucken am 14. Juli, dem französischen Nationalfeiertag, verächtlich auf den Boden - denn sie sind Bretonen, keine Franzosen.
Eines der erstaunlichsten Gewohnheiten dieses Volkes durfte ich jetzt miterleben: ein Fest-Noz.

Ort des Geschehens: eine schmucklose Mehrzweckhalle in Prat (bret.: Prad), eine durchschnittliche Gemeinde auf dem Lande bei Lannion. Veranstalter: Die Diwan-Schule Guingamp (bret.: Gwengamp).
Es ist 21 Uhr. Ein paar Kinder flitzen über den Parkettboden, nach und nach füllt sich der Raum mit Menschen. Mit Hochschulprofessoren und Meerestierverkäufern, mit Dreijährigen und Jahrgang-1920-ern. Was sie eint: Sie tragen flache Schuhe. Und bald sollte ich erfahren, wieso.
Kaum greifen die ersten beiden Künstler (LeGac/Brunet) zu ihren Instrumenten - einer Laute und einer Querflöte -, strömen die Menschen auf die Tanzfläche. Ich auch. Ich habe null Ahnung von bretonischen Tänzen, aber Bangemachen gilt nicht und ein Entrinnen gibt's nicht. Also hinein in die Masse der sich zum Kreis formierenden Tänzer. "Woher weiß ich denn, was ich jetzt tanzen muss?", frage ich meine Begleitung, unsere Nachbarn (die zwar auch keine Ur-Bretonen sind, wohl aber Mitglied des örtlichen Vereins zur Pflege der bretonischen Kultur). Das höre man entweder an der Melodie (ich nicht), und die Band sage das auch an (was ich nicht verstehe). Ist auch egal. Wir haken uns unter - der linke Arm greift unter den rechten des rechten Nebenmannes und ergreift dessen Hand - und ab dafür. "Un, deux, trois-et-quatt', cinq, six, sept, huit" - diesem Rhythmus folgend setzt man Fuß neben Fuß. Ich bin schon schwitzig, als diese Stück vorüber ist. Und das war noch die einfachste Nummer.
Denn es kommt noch besser. Bei Tänzen, bei denen man sich mit dem kleinen Finger (!) beim Nachbarn einhakt (bitte, liebe Bretonen, warum ausgerechnet mit dem kleinsten und schwächsten aller Finger? Aua! Sehnescheidenentzündungsalarm!) und dann, während man mit den Füßen daherhoppelt (und durchaus nach schwierigeren Mustern als "un, deux, trois-et-quatt'..."!) auch noch mit den Armen eine Klein-Choreografie ausführt. (Und ich bin immer noch nicht multitaskingfähig! Ich kann nicht mit den Armen was anderes machen als mit den Beinen!)
Der Raum hat sich mittlerweile vollends gefüllt mit etwa 400 Leuten. Beim Tanzen bilden sich mittlerweile mehrere Kreise, die sich schlangenhaft durch den ganzen Saal bewegen, teilweise Rücken an Rücken, so eng ist es, um die Kurve und wieder quer durch. Ich komme, wenn ich mal zwischen zwei Hochkonzentrationsphasen über "un, deux, trois-et-quatt', Hacke, Spitze, hoch das Bein" Gelegenheit habe, aus dem Staunen nicht raus. Hier scheint das, wie es bei vergleichbaren Veranstaltungen in Deutschland wäre, nicht für einen Penny interessant, am Rande zu stehen, Bier oder Cidre oder was auch immer zu trinken und zu gucken oder so. Nein, hier wird getanzt. Nonstop. Ob zur Musik des Duos Le Gac/Brunet, von Darhaou, vom Hauptact des Abends Loened Fall - übrigens eine der bekanntesten Fest-Noz-Kapellen des Landes, wie ich später lese - oder von den A-capella-Gruppen Enora & Ivona oder Kanfarted Magor - vier jeunes, die mit kräftiger, mutiger Stimme den ganzen Saal beschallen und bretonisch singen. Die Leute tanzten. Über Stunden. Hier hat sich auch keiner massiv aufgebrezelt, wie man das bei Festivitäten erwarten könnte. Nein, das zählt hier nicht. Hier zählt das Tanzen.
Irgendwann verabschiede ich mich von dem Streben, alle Schritte richtig zu machen und versuche nur noch, halbwegs im Takt zu hoppeln und zu stampfen und zu schwingen und lasse mich vom Flow der Tanz-Masse treiben. Da klappt es besser und ich fühle mich nicht mehr ganz so oft bemüßigt, meine Nebentänzer mit einem entschuldigenden Blick anzusehen und "Excusez-moi" und "pardon!" zu murmeln.

Das war nicht mein letztes Fest-Noz. Und beim nächsten Mal trage ich auch flache Schuhe.

Aus der Reihe: So ist Dortmund

Heute an der Supermarktkasse. Hinter mir ist eine wohl türkischstämmige Mutter mit ihrer Tochter dran. Die Tochter muss niesen. Sagt die Kassiererin: "Çok yaşa [tschok jascha] - so ähnlich sagt man doch auf Türkisch für 'Gesundheit', oder?!" Sowohl das Mädchen als auch die Mutter waren an der Stelle zu verdattert, um so etwas wie "danke" herauszubekommen.

This is not a Bücherregal

Einer der vielen tausend Gründe dafür, nach Frankreich zu reisen und dabei sogar durch das verhasste Land zu fahren, ist, dass es wohl in keinem anderen Land der Welt eine so große Vielfalt von Erdbeerkeksen gibt. Man muss sie einfach kaufen!

23 März 2008

Aus der Reihe: Die letzten Abenteuer des Alltags

Lange hatte ich mit mir gerungen und hin- und hergehadert, ob ich über Ostern doch noch wegfahren sollte. Donnerstag voraussichtlich um 17 Uhr Dienstschluss, Dienstag um 10 Uhr nächster Dienstbeginn... Das war ganz schön viel Zeit. Als dann auch noch der Dienstag mein freier Tag wurde, hatte ich nur noch wenige Contra-Argumente. Außer: Das Auto zickt ein wenig - das entkräftete die Werkstatt, die ihn reparierte. Die Strecke ist so weit - na ja. Schon -zig mal gefahren, diese weite Strecke... Mein Bruder hat seine Freundin zu Besuch, und ich würde beide gern sehen - "Eigentlich, liebe Schwester, bist du schon in der Bretagne ;-)", sagt er dazu. Aber ich hab' der Oma versprochen, dass ich dieses Jahr Ostern zum Sauerbraten-Essen da bin. "Wie, du hier und nicht im Osterurlaub?", empfängt mich die Oma, als ich bei ihr vorbeischaue.
Okay. Gründonnerstag, 17 Uhr, ab auf die Bahn. Ungefähr 14 verschiedene Autobahnen benutzt, bis das erste Mal Aachen ausgeschildert ist. Denn erst ab Aachen weiß ich den Weg. 1050 lustige, kurzweilige Kilometer bis Beg Leguer.
Dann erst wurde es spannend.
Es ist 3.15 Uhr. Nachts. Still ruht das Dorf, nur Wind und Meer brausen. Ich fahre vor lauter Freude, dass ich angekommen bin, hupend auf den Hof. Still ruht das Haus. Ich klingele. Sturm. Keine Regung. Ich klingele noch ein paar Minuten, stürmischer. Nichts. Ich zücke mein Mobiltelefon, wähle die Festnetznummer im Ferienhaus. Es bimmelt laut, das höre ich vor der Haustür. Die, die es hören sollen, hören es nicht. Mutters Handy angerufen. "The person you have called is temporarily..." Mmh. Ums Haus gegangen. Steinchen ans Schlafzimmerfenster geworfen. Noch immer keine Reaktion. Was nun? Ob ich doch Plan B einschalten muss und im sicherheitshalber für genau diesen Fall mitgenommenen Schlafsack im Auto übernachten? Oder... Es gibt noch eine letzte Chance! Vielleicht ist aus Versehen und zu meinem Glück eine von drei Terrassen-Türen nicht abgeschlossen? Tatsache! Nur hinein! Hoch die Treppe, schön laut, damit sie jetzt aber wirklich wach werden. Tür auf vom Schlafzimmer, aber lieber kein Licht anmachen, damit sie sich nicht erschrecken. - - -
Falsch gedacht. Sie erschreckten. "Wer ist da?" schallt es mir mit drohendem Tonfall entgegen, und der Rufer aus der Nacht hält in diesem Moment schon die Nachtischlampe in der Hand, bereit, sie dem "Einbrecher" sofort über den Kopf zu ziehen. Ich stürze mich aufs Bett, in die Arme der Mama, die sich schon jetzt kaputtlacht, weil sie Sekundenbruchteile vor ihrem heldenhaften Mann geschaltet hatte, wer sich da näherte. Es gab noch ein nächtliches Teechen und dann ab ins Bett, störungsfrei weiterschlafen...

Ja, das sind sie, die letzten Abenteuer des Alltags.


(Illustration aus: Bastian Sick, "Zu wahr, um schön zu sein. Verdrehte Sprichwörter."

22 März 2008

Das Leben unterwegs

"Es geht mir auf'n Keks, das Leben unterwegs" singt Herbert Grönemeyer in seinem Lied "Unterwegs". Oh nein, Hörbie, du irrst! Man kann durchaus 1050 Kilometer unterwegs mit dem Auto in die Bretagne sein und sich die Zeit am Steuer höchst abwechslungsreich gestalten!
In Belgien ist man - wie ich schon ein-, zweimal bemerkt habe - ohnehin gut damit beschäftigt, sich über den Zustand der Autobahn aufzuregen. Diesmal neu: Eine Pylone mitten auf der Bahn. Und: Hey, ihr Belgier, wenn ihr schon euer Geld für die nächtliche Autobahnbeleuchtung (in Rot!) ausgebt, dann schaltet sie bitte auch ein, wenn es dunkel wird, ja? Sonst sieht man nämlich noch schlechter die Schlaglöcher und Stolperwellen. Und: Wenn ich groß bin und ganz viel Geld verdiene, spendiere ich euch einen großen Topf Farbe. Damit könnt ihr dann eure Fahrbahnmarkierungen erneuern. Die sind nämlich ohnehin blass. Aber wenn es dunkel wird, werden sie noch blasser. Und wenn es regnet, sieht man sie nicht mehr. - Man braucht dann seine ganze Konzentration und fliegt am besten im Blindflug dem vor einem Fahrenden hinterher, in der Hoffnung, dass der eine gerade Linie einhält.
Man kann zum Beispiel auch, wenn es Nacht wird und man dann in Frankreich ist, die Abstände zwischen den Autos, die man überholt oder von denen man überholt wird, zählen - 68 Kilometer war bei mir der Höchststand.
Oder man lernt die Jingles der französischen Radio-Stationen auswendig: "Froooongs Blö, Frongs Blöööö! (France Bleu) oder "Nos-tall-schiiiiiie!" (Nostalgie) oder "Ärrr-Efff-ämmmmm!" (RFM).
Abwechslung bieten auch die strammen Jungs von den Douaniers. Die können einen dann durchaus 20 Kilometer vor Caen mal die Kelle hochhalten, wenn man gerade durch den gare de péage gefahren ist und die Autobahnmaut beglichen hat, mal anhalten und fragen: "Vous arrive d'Allemagne?" "Äh, oui!" "D'où en Allemagne?" "Öhm, près de Dortmund, vous connais Dortmund?" Ja, und wo ich hinfahren würde? Nach Lannion, en Bretagne. Todesmutig fügte ich noch eine Zusatzinformation für den mittlerweile freundlich-ungläubig ("Ist die bekloppt? Fährt ganz allein von Deutschland bis in die Bretagne? Nachts??") guckenden Douanier hinzu: "Je visite mes parents!" "Ils habitent là?" "Non. Ils ont une maison de vacances en Bretagne!" - Da hatte er genug gehört und entließ mich nach einem abschließenden Kontrollblick auf die Rücksitzbank.
Und schneller als man denkt, ist man dann in St. Brieuc und in Guingamp und in Lannion und dann: Voilà, Beg Leguer!

18 März 2008

Dortmuuuuund, Dortmuund!

"Manchmal ist schweigen besser als reden, das wissen Fußball-Fans", sagt Johannes B. angesichts der singenden, schwarz-gelben Wand im Westfalen-Signal-Iduna-Stadion-Park. Stimmt, Johannes, also halt auch mal eben den Babbel. Es kriecht nämlich gerade die Gänsehaut aus dem Fernseher raus auf die Couch: "You'll never walk alone!"

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Hab ersatzweise die Tupperware-Bananenaufbewahrungs-Plastikbox rausgesucht. Maskottchen!

15 März 2008

Generationen

Das sind mir ja die liebsten SMSse: "Wir sind auf der île und trinken den ersten Kir. Bis später mal, Mama und R."
Und das, nachdem man - sich wie die eigene Mutter vorkommend - wie blöd auf die Reiselustigen eingeredet hat, dass es keine gute Idee ist, um 2 Uhr nachts loszufahren, wenn man stressige Arbeitswochen und eine angefahrene Oma hinter sich hat.
(Ähnlich aus dem Sprachschatz von mindestens einer Generation über uns stammend: die Aussage des Bruders beim Eltern-in-den-Urlaub-verabschiede-Besuch: "Mann, ich komm' gerade von der Arbeit und wollte hier eigentlich mal n bisschen zur Ruhe kommen!" - Pustekuchen! Nicht mit diesen Eltern...)